Presseerklärung 14.1.2010
Wasserklau und Stromerzeugung
Bericht: Christian Zimmermann,
Anlässlich meines letzten Besuches im Dersim im November 2009 mit Besichtigungen von neueren Stauseen (Munzur bei Dersim) wurde mir deutlich, was in Ost-Anatolien passiert. Ohne Rücksicht auf Natur, Klima, Tier und Mensch und Interessen von Nachbarstaaten wird dort seit der Staatsgründung der Türkei ein gigantisches energie- und versorgungspolitisches Projekt gnadenlos durchgezogen.
Der Staudamm unterhalb der Stadt Dersim (türkisch:Tunceli) ist fertig und der Aufstau des Munzur fast abgeschlossen. Jetzt erst wird sichtbar und spürbar, was es bedeutet, aus einem Fluss einen Stausee zu machen. 20000 Menschen demonstrierten schon vor Wochen ihr Entsetzen in der größten Kundgebung, die Tunceli je sah. FDG und TEDEF dokumentieren zurzeit die Folgen des Staudammbaues und versuchen die katastrophalen Ergebnisse noch zu mildern. Jahrelang hatten sie vergeblich zu mobilisieren versucht, alle Klagen scheiterten.
Hintergrund:
Seit ca. 60 Jahren setzt die Türkei das GAP um, das Programm zum Staudammbau in Anatolien. Dieses energiepolitische Großprojekt folgt ausschließlich wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen eines Konglomerates von Staat, Militär und Privatinteressen. Folgen waren die Vertreibung von Hunderttausenden von Bürgern der Region ( Kurden und andere Ethnien ) mit geringsten Entschädigungen und Entzug ihrer Lebensgrundlagen , Zerstörung von Kulturlandschaften, Städten und heiligen Stätten z.B. der Aleviten und katastrophale ökologische Folgen. Lange scherte sich niemand, außer den Betroffenen, um diese Dinge im Hinterhof Europas, doch seit einigen Jahren und angesichts der globalen Bewusstwerdung vom Stellenwert der Ökologie wird der Widerstand immer größer. Angesichts der wirtschaftlichen Laufzeit von konventionellen Stauseen in dieser Region, von ca. 40 Jahren (Verschlammung), wird ein Schaden angerichtet, der ungeheuerlich ist. Neben dem menschlichen Leid wird eine einmalige Region mit ihren kulturellen Schätzen (Weltkulturerbe/UNESCO) zerstört. Des weiteren wird mittels der gigantischen Stauseen ( zum Teil doppelt so groß wie der Bodensee) den Nachbarstaaten im Süden das Wasser gezielt entzogen. Die Wasserkonvention der UN wird völlig ignoriert.
Darum jetzt ein Memorandum : STOP. Keine Staudämme mehr in Ost-Anatolien
Nach den weltweit üblichen Genehmigungskriterien der Kreditvergabe (IWF und Weltbank) sind diese Projekte alle nicht finanzierbar. Trotzdem verfolgt die Türkei stur weiter ihren Plan, über die Energie- und Wasserversorgung, Hegemonialmacht des Nahen Ostens zu werden. Auch wenn eine „Osmanische Union“ eine Alternativoption der Türkei in Ihrer außenpolitischen Agenda ist, geht das nicht, in dem man anderen Staaten das Wasser abstellt und es als Kapital missbraucht.
Weitere Infos:
Kalter Krieg um Wasserrechte
Türkei, Irak und Syrien als Konfliktparteien
http://www.g-o.de/dossier-detail-86-6.html